Die FWV zu den Machbarkeitsstudien
B27-Ausbau
Den uns vorliegenden Unterlagen und ihren Aussagen folgend
können wir feststellen, dass die technische Machbarkeit dieser
Straßenbau-Maßnahme gegeben ist. Davon haben Sie uns (die Fraktion der Freien
Wähler) überzeugt.
Aber technische Machbarkeit ist aus unserer Sicht bei diesem
Projekt nicht alles. Zunächst erhebt sich uns die Frage, mit welchen
Verkehrs-Prognosen, mit welchen grundlegenden Verkehrs-Zahlen wurde hier
gerechnet? Welche Qualitätseinbußen entstehen, wenn wir diesen
Streckenabschnitt nicht ausbauen? Wie groß ist die Staugefahr? Welche
Verkehrssicherheits-Aspekte sollen verbessert werden? Ist die B27 in diesem
Ausbauabschnitt ein Sicherheitsrisiko? Stichwort Unfallhäufigkeit.
Sie geben in einer Tabelle für die einzelnen Varianten das
Nutzen-Kosten-Verhältnis an. In welchem Maße wurden bei der Errechnung des NKV
die Folgekosten für die zu ändernde Infrastruktur drumherum berücksichtigt?
Wenn nun durch die Ausbau-Maßnahme der B27 innerstädtische Baumaßnahmen
folgen müssen, wir denken da an die Infrastruktur unseres ÖPNV, ändern von
Verkehrsbeziehungen, ändern des städtischen Straßennetzes etc. – wer trägt dann
die Kosten für diese Änderungen? Wie werden diese dann in den Gesamtkosten
berücksichtigt? Und wie fließt das dann in das NKV ein?
Thema Gebäudeabbrüche: Wo und wie werden Ersatzbeschaffungen
für Gebäude und Grundstücke behandelt? Dass die in der technischen
Machbarkeitsstudie noch keine Rolle gespielt haben ist uns bewusst. Aber diese
Fragen müssen vor einer weiteren Planung / vor weiteren Planungen beantwortet
sein. Wir möchten auch auf die politische Brisanz hinweisen, wenn es um die
Thematik Umsiedlung bei Wohnraum oder gar, wenn es um Enteignung bei Immobilien
und im Grundstücksbereich geht. Wie geht hier das RP / das Verkehrsministerium
damit um?
Welchen direkten Nutzen hat der Neckarsulmer Bürger, selbst
dann, wenn die Variante B1 (große Tunnellösung) kommen sollte und die jetzige
B27 zur „Stadtstraße“ umgewidmet wird? Herr Hertwig, sie sprechen davon, dass
bei der großen Tunnellösung zwei Wohngebiete (Viktorshöhe und Neuberg) wieder
zusammenwachsen können. Wir bitten darum, dies einmal anhand von Skizzen
aufzuzeigen, wie sich die Verwaltung das vorstellt. Und wie die
Verkehrsbeziehungen dann verlaufen sollen. Stichwort: Spitalstraße,
Neuenstädter-Straße, Verbindungsstraße (Härdtners-Loch) vom Neuberg zur
Viktorshöhe etc…
Insgesamt muss auch hinterfragt werden, wie fließen die
Klimaschutzziele des Bundes, des Landes und unsere eigenen Ziele in diese
Maßnahme ein? Als Stichworte nenne ich hier Flächenverbrauch, Versiegelung von
freien Flächen? Verbrauch von Ressourcen?
In der vergangenen Woche habe ich den Begriff
„Reisezeitgewinn“ als Faktor des NKV gelernt. Wir fragen uns welchen
Reisezeitgewinn werden wir mit dieser Maßnahme erzielen? Mit den derzeitigen
Geschwindigkeitsbegrenzungen von 60 km/h auf Höhe der Aral-Tankstellen und 80
km/h auf der Sulmtalbrücke bis zur Anschlussstelle der A6 beträgt die reine
Reisezeit in diesem Abschnitt rechnerisch rund 93 Sekunden. Mit welchem Gewinn
rechnen Sie bei dieser ca. 1.800 m langen Ausbaustrecke?
Dass während der Bauphase dieser Maßnahme mit
Umleitungsstrecken zu rechnen ist, war zwar nicht Gegenstand der
Machbarkeitsstudie, aber auch diese Umleitungsstrecken müssen in ihrem Ausmaß
und in ihrer Dauer bei der Auswahl der Alternativen berücksichtigt werden. und
fließen dann logischerweise auch in das NKV mit ein.
Durch die Aufzählung von uns wichtigen Aspekten und Bedenken
können sie erkennen, dass wir dem 4-streifigen Ausbau der B27 ablehnend gegenüberstehen.
Welchen Einfluss unsere Argumentation auf die weitere Vorgehensweise hat, darauf
haben wir keine Antwort. Aber wir denken, dass unsere Bedenken berechtigt sind
und dem Wohl der Neckarsulmer Bürgerinnen und Bürger dienen. Wir können uns
sicherlich auch nicht gegen weitere Planungen wehren. Wir werden diese jedoch
sehr, sehr kritisch begleiten.
Sollte zum Beispiel die B1-Variante (große Tunnellösung)
weiter untersucht werden, so erwarten wir, dass dann klar dargestellt wird, wie
alle Verkehrsbeziehungen ausgebaut werden. Insbesondere der Amorbach-Knoten.
Denn dieser ist bisher gar nicht berücksichtigt worden. Wir denken an
Verkehrsströme von Amorbach kommend nach HN, von HN-kommen nach Bad
Friedrichshall, vom Neuberg zur Viktorshöhe oder nach Bad Friedrichshall, oder
von Bad Friedrichshall zum Neuberg oder nach Amorbach. Diese müssen unseres
Erachtens klar aufgezeigt werden, bevor weitere Untersuchungen stattfinden.
Die in der Oberen Fundel entstehenden 3.500 oder gar 5.000
Arbeitsplätze werden sicherlich nicht alle von der A6 herkommend bedient
werden. Oder? Hier werden sich die Verkehrsströme im weiten Umfeld von Bad
Friedrichshall dann anders abbilden als bisher. Wie fließt das in die
Untersuchungen mit ein?
Und einen letzten Punkt möchten wir anführen. Ganz egal
welche Variante zur Realisierung kommt, wir werden im Bereich Pichterich und
über die Sulm grundsätzlich eine wesentlich breitere Brücke bekommen, als die
bisher bestehende. Und im Bereich der Baumschule werden, zumindest während der
Bauphase, Gewächshäuser entfallen.
Und so fragen wir uns, ist die ganze Maßnahme überhaupt noch
zeitgemäß? Denn wie das RP im Erläuterungsbericht selbst (sinngemäß) schreibt: Es
muss davon ausgegangen werden, dass durch die bei einem 4-streifigen Ausbau
gestiegene Verkehrsqualität auch die Verkehrsmenge in gewissem Umfange ansteigt
(induzierte Nachfrage). …das
heißt doch schlussendlich mehr Straßen führen zu mehr Verkehr …
Unser Ziel muss viel mehr sein, wie kann die Mobilität der
Menschen so verändert werden, dass wir auf diese Maßnahme verzichten können! In
die Antwort dieser Fragestellung sollten wir unsere Ressourcen stecken. Deshalb
stehen wir, von der Fraktion der Freien Wähler, der ganzen Maßnahme ablehnend
gegenüber.
JoJo Eble für die FWV-Fraktion, 16.03.2023