Haushaltsrede 2021 FWV-Fraktion
Wir haben ein denkwürdiges Jahr hinter uns. Niemand kann die Zukunft eindeutig vorhersagen. Daher steht uns ein weiteres, ungewisses Jahr bevor. Und alle Menschen weltweit, nicht nur wir,sind davon betroffen. Auf viele Entscheidungen, die getroffen werden, haben wir sehr wenig Einfluss.
Deshalb müssen sich unser Handeln und unsere Entscheidungen auf unsere Kommune, auf unseren Haushaltbeschränken, ohne dabei aber die Sicht über unseren Kirchturm hinaus zu verlieren.
Wir stehen an einem Wendepunkt. Die alte, gewohnte und sichere Normalität werden wir nicht mehr zurückbekommen. Wir können und müssen unsere Zukunft an neue Gegebenheiten anpassen und selbst gestalten. In vielen Dingen müssen wir neu denken.
Nein, wir dürfen neu denken und dieses müssen wir als Chance begreifen, neue Wege zu gehen, neue Ideen auszuprobieren. Wir können neue Formen des Miteinanders finden. Dies betrifft alle Bereiche unseres Lebens. Ob in Familie, Beruf, Freizeit oder Schule, ob im sozialen Miteinander, den Generationen untereinander, ob im beruflichen Umfeld oder in den Bildungseinrichtungen, alle Bereiche werden erfasst. Die einen mehr, die anderen weniger. Und mit diesem Wendepunkt werden wir heute unseren Haushalt für unsere Kommune und für unsere Eigenbetriebe verabschieden.
Ein großes, wichtiges Thema haben wir uns ab diesem Jahr auf die Fahnen geschrieben: Klimaschutz und Klimaanpassung.
Diese Themenfelder werden in den kommenden Jahren, in den kommenden Jahrzehnten unser Handeln bestimmen.
Eine klimaneutrale Kommunalverwaltung haben wir Anfang des Jahres beschlossen. Und dieser Beschluss wirkt in allen Fachbereichen. Nun liegt es an uns, diesen Beschluss auch ernsthaft umzusetzen. Und da heißt es für uns, mindestens ein anderes Thema, das wir bisher verfolgt haben, aus Gründen der Effizienz fallen zulassen. Denn mit immer mehr Personal, mehr Personalstellen und komplexeren Strukturen lässt sich
diese Verwaltung nicht mehr steuern. Wir denken in diesem Zusammenhang an unsere großen Projekte, die uns finanziell und auch personell an die Grenzen unseres Handelns bringen. Zu nennen wären der B27-Anschluss an die Binswangerstraße, die Sanierung und Attraktivierung des Aquatolls, das Ausweisen von weiteren Gewerbegebieten, die Sanierung des Kultur-und Sportzentrums Ballei, Erweiterungen und Neubauten in unserer Schullandschaft und im KiTa-Wesen. Viele Dinge sind schon auf den Weg gebracht, aber dasThema B27-Anschluss und das Ausweisen von weiteren Gewerbegebieten müssen wir aus unserer Sicht stoppen. Wir wollen auf die Gewerbeerschließung „Linkes Tal“ sofort verzichten. Auch eine Erweiterung des Gewerbegebiets „Trendpark Süd“ steht nicht im Einklang mit dem Klimaschutz. Auf die Erschließung des sogenannten „Neuberg V“ können wir verzichten. Und dieses soll sich aus unserer Sicht auch im Flächennutzungsplan (FNP) wieder finden.
Wir regen an, eine Fortschreibung des FNP mit diesen Änderungen in die Wege zu leiten. Nach wie vor blicken wir aufviele Baulücken im Bereich Neuberg, deren Bebauung dem Wohnungsmarkt dringend fehlen. Hier erbitten wir um kreative Vorschläge, wie diese brachliegenden Flächen dem Markt zugeführt werden können. Auch unsere städtischen Immobilien, zu denen es schon eine hinreichende Untersuchung gibt, sollten zwingend dem Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt werden. In Amorbach möchten beispielsweise Investoren eine größere Wohnanlage realisieren. Wir stehen dieser Anlage nicht grundsätzlich entgegen, werden aber in Bezug auf Parkierungen für Anwohner und bezahlbaren Wohnraum ein kritisches Auge darauf werfen.
Im Bereich der Bildung haben wir mit dem Grundsatzbeschluss zur Franz-Binder-Verbundschule den Weg einer neuen Schulart in einem neuen Schulgebäude beschlossen. Diesen Weg wollen wir konsequent weiter verfolgen, damit er bis zum Schuljahr 2024/25 zu einem Erfolg wird. Die dann freiwerdenden Räume in der Wilhelm-Maier-Schule (Obereisesheim), in der Amorbachschule und der Johannes-Häußler-Schule müssen unbedingt anderen Verwendungen zugeführt werden. Insbesondere im KiTa-Wesen werden weitere Gruppen benötigt. Daher müssen aus unserer Sicht die KiTa-Standorte nochmals neu überarbeitet werdenund die o.a. Schulstandorte in eine Entscheidungsfindung direkt einfließen.
Ebenso wollen wir in der Betreuung unserer kleinen Bürger geänderte Rahmenbedingungen schaffen und so den Eltern zwar ein breiteres Spektrum anbieten, gleichzeitig aber auch die Effektivität und Verlässlichkeit steigern. Dies soll in enger Zusammenarbeit mit den Eltern und der KiTa-Verwaltung erfolgen. Dass wir durch die äußeren Umstände noch nicht so weit sind, wie wir sein wollten, das verdient unser vollstes Verständnis. Dennoch sollte nun versucht werden, über andere Kommunikationswege die Einbindung der Eltern in Angriff zu nehmen. In unserem aktuell sehr strittigen Thema, nämlich dem B27-Anschluss an die Binswangerstraße, werden wir immer wieder mit neuen Zahlen, Daten und Fakten konfrontiert. Und teilweise werden auch widersprüchliche Daten und Aussagen gemacht, die für ein vertrauensvolles Miteinander nicht förderlich sind. Und mit jeder weiteren „Überraschung“ werden wir in unserer Haltung gestärkt, gegen diese Infrastrukturmaßnahme den Finger zu heben. Und wir gehen sogar noch einen Schritt weiter. In der öffentlichen Diskussionsoll nicht nur der B27-Anschluss,sondern auch der 4-streifige Ausbau der B27 bis zum Amorbachknoten berücksichtigt werden.
Dieses sind zwar zwei getrennte Maßnahmen, aber dennoch im direkten Zusammenhang stehend. Denn den Wegfall der Halbanschlüsse (Neuenstädter-und Spitalstraße) halten wir verkehrstechnisch und auch städtebaulich nicht für vertretbar. Auch die Verbreiterung der Sulmtalbrücke beim Pichterichstadion ist ein eklatanter Eingriff ins Städtebild und in die Naherholungszone. Hier muss unseres Erachtens eine klare und hoffentlich einvernehmliche Stellungnahme gegen diese Maßnahme gefunden werden. Durch diese Infrastrukturmaßnahmen haben wir leider auch eine Spaltung innerhalb unseres Gremiums und auch innerhalb der Bevölkerung erfahren. Lassen Sie uns deshalb bitte auf kleinere Maßnahmen blicken, die der Bevölkerung gut tun, die den Wohlfühlcharakter und die Aufenthaltsqualität in der Stadt erhöhen. Wir haben uns den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben. Dazu gehört für uns unbedingt die weitere Ausweisung von Grünflächen.
Wir unterstützen die Verwaltung bei der Umgestaltung des Stadtparks, wenn die Bauphase der „Stadtwohnungen“ beim St. Vinzenz abgeschlossen ist.
Wir können uns auch ein grünes Band durch Neckarsulm vorstellen. Vom Stadtpark, über Kolpingparkdeck, Klostergraben bis hin zum Karlsplatz.
Wir können feststellen, dass durch den öffentlichen Bücherschrank auf der Wiese beim Kolpinghaus dieser Bereich stärker in die Wahrnehmung der Bevölkerung gelangt ist. Lassen Sie uns deshalb das Kolpingparkdeck zu einer Grünfläche renaturieren. Mit Bäumen, Büschen und Grünflächen, die das Innenstadtklima positiv beeinflussen.
Ebenso wünschen wir uns einen Rückbau der Neckarstraße beim ehemaligen Bahnübergang, um den Park des Karlsplatzes aufzuwerten. Dieser Park kann Aufenthalts-und Begegnungsort für Jung und Alt werden.
Wir sind auch gespannt auf die ersten Ergebnisse aus der Bepflanzung der Aktion „Natur nah dran“, die an vielen Stellen in unserer Stadt in diesem Jahr aufblühen werden. Mit diesen kleinen Maßnahmen können wir derAufenthaltsqualität und dem Wohlfühlcharakter unserer Stadt, auch im Sinne eines Klimaschutzes, Impulse geben. Wir regen ebenso an, um die Innenstadt weiterhin attraktiv zu halten, dass wir eine Erweiterung der Fußgängerzone im Bereich der Marktstraße von der Lammgasse bis zur Kreuzung Binswangerstraße/Neckarstraße einmal durchdiskutieren. Denn wir müssen den Einzelhandel in unserer Innenstadt neu beleben. Durch den zunehmenden Online-Handel wird es immer schwieriger, das Leben in den Innenstädten am Leben zu halten. Dabei müssen wir uns Gedanken darüber machen, welche Rahmenbedingungen die Verwaltung vorgeben und was der Einzelhandel einbringen kann und wo der Bürger sensibilisiert werden muss. Dabei erwarten wir keine fertigen Konzepte, sondern wir würden uns mit kleinen, überschaubaren Maßnahmen zufriedengeben.
Lassen Sie unseinen Blick in unsere Stadtteile werfen. Den dörflichen Charakter in Dahenfeld wollen wir bewahren, dennoch darf im Kernbereich die Bebauung nun zügig erfolgen. Der Straßenzustandsbericht wird uns auch aufzeigen, welche Straßen und wann diese saniert werden können. Auf dieses Ergebnis warten wir gespannt. Und wenn wir durch Grundstückskäufe im Bereich Kastenäcker diese Erschließung früher hinbekommen als geplant, wird sich das Leben in Dahenfeld positiv weiterentwickeln.
Die Ausweisung und Bebauung von Römerstraße II in Obereisesheim wird auch hier eine spürbare Veränderung erzeugen. Die Sanierung der Friedhofstraße geht ja nun in ihre Endphase, so dass wir auch in Obereisesheim eine attraktive Entwicklung vorgenommen haben und der weiteren Entwicklung im Bereich „Nördlich der Römerstraße“ mit Zuversicht entgegen sehen können.
In Amorbach werden wir an der Sanierung der Eugen-Bolzstraße weitermachen. Und die Friedrichstraße in Neckarsulm wird auch in diesem Jahr eine Aufwertung erfahren.
Mit dem städtischen Haushalt verabschieden wir auch die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe Aquatoll und Stadtwerke. Beim Aquatoll erwarten wir noch in diesem Jahr die Vorstellung der konkreten Aufwände für die Sanierung und Attraktivierung des Bades. Danach erst wird es eineEntscheidung pro oder contra zu einer Umsetzung geben. Gerade beim Thema Aquatoll haben wir uns schon mehrfach ausgetauscht, so dass eine politische Entscheidung noch in diesem Jahr erfolgen muss. Bei den Stadtwerken sollten wir uns auf das Thema Wasserkonzept erneut konzentrieren. In Obereisesheim haben wir durch den Bau eines Wasserwerkes gute Erfahrungen gemacht. Diese sollten wir auf Neckarsulm übertragen und in naher Zukunft auch umsetzen. Denn mit jedem Kubikmeter Frischwasser, den wir nicht vom Bodensee hierher pumpen müssen, leisten wir einen Beitrag zum Klimaschutz. Wir haben bewusst auf die Kommentierung des Zahlenwerks unseres Haushalts verzichtet, denn dies wurde durch OB Hertwig und Herrn Kaufmann schon ausgiebig dargelegt. Und die Zahlen sindnun mal so,wie sie sind. Das eine wurde mit Optimismus dargestellt, das andere wird sich noch im Laufe der Zeit verändern und anpassen. Deshalb gebührt unserem Kämmerer mit seinem Team ein herzlicher Dank für die Zusammenstellung des HH-Planes.
AllenMitarbeiterinnen und Mitarbeiternin der Verwaltung, die ihreoperative Arbeit tagtäglich unter Beweis stellen,möchten wir unseren Dank zum Ausdruck bringen.
Mit unserer Verwaltungsspitze wünschen wir uns eine vertrauensvolle, ehrliche und offene Kommunikation.
Bitte halten Sie die Bedingungen zur Eindämmung der Pandemie konsequent ein. Nur so kann unser Zusammenleben in Neckarsulm weiterhin gut funktionieren.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.23.02.2021 Fraktion der FWV; JoJo Eble, Ingrid Böhringer, Heidrun Höpfer, Bernd Kuhn